Ermordung der Kaiserin Elisabeth von Österreich, 10. September 1898

Am 10. September 1898 um 16.30 erhielt Bundespräsident Eugène Ruffy ein Telegramm mit der Meldung, die Kaiserin von Österreich sei drei Stunden nach einem Attentat in Genf verstorben.

Was war geschehen? Kaiserin Elisabeth von Österreich war Ende August 1898 inkognito an den Genfer See gereist. Kurz nach ihrer Ankunft meldeten die Zeitungen, dass es sich bei der im Hotel Beau Rivage abgestiegenen Gräfin von Hohenembs in Wahrheit um die Kaiserin von Österreich handle. Luigi Lucheni, ein italienischer Gelegenheitsarbeiter, hielt sich erst kurze Zeit in der Schweiz auf und interessierte sich für anarchistisches Gedankengut. Er beabsichtigte, mit einem Attentat auf einen Aristokraten berühmt zu werden. In Genf hoffte er, den Prinzen von Orléans töten zu können. Als dieser nicht eintraf, wählte er aufgrund der Zeitungsmeldung die Kaiserin als Opfer.

Am 10. September wartet er, bis die Kaiserin das Hotel verlassen hatte und stach vor der Bootsanlegestelle mit einer spitz zugeschliffenen Feile auf sie ein. Elisabeth stürzte zu Boden, stand jedoch wieder auf und ging an Bord. Kurz nachdem das Schiff abgelegt hatte, brach die Monarchin jedoch zusammen und verlor das Bewusstsein. Das Schiff kehrte umgehend zurück. Elisabeth wurde ins Hotel gebracht, wo sie um 14.40 Uhr ihren Verletzungen erlag.

In der Zwischenzeit war Lucheni von erbosten Passanten festgehalten und der Polizei übergeben worden. Die Verhaftung erfolgte in der Annahme, er habe die Kaiserin nur angerempelt. Erst während des Verhörs erfuhr der Untersuchungsrichter, dass das Attentat tödliche Folgen gehabt hatte. Die Genfer Justiz verurteilte Lucheni am 12. November 1898 zu lebenslanger Haft. Am 19. Oktober 1910 beging er im Genfer Gefängnis Évêché Selbstmord.

Die Anteilnahme der Genfer Bevölkerung am Tod der Kaiserin war gross: Am 12. September 1898 versammelten sich vor dem Hotel Beau Rivage rund 15'000 Personen um Elisabeth die letzte Ehre zu erweisen. Die sterblichen Überreste der Kaiserin wurden in einem Extrazug nach Wien überführt und dort am 17. September nach habsburgischem Bestattungsritual beigesetzt. Auf politischer Ebene reagierte der Bundesrat noch im September 1898 mit der Ausweisung von 36 Anarchisten, die jedoch nicht an der Tat beteiligt gewesen waren.

Die Schweiz war jedoch nicht nur Schauplatz der Ermordung der Kaiserin, sie spielte auch eine zentrale Rolle bei der Aufbewahrung des poetischen Nachlasses der Monarchin. Diese hatte bereits 1890 bestimmt, dass ihre – zwischen 1885 und 1886 verfassten – Gedichte 60 Jahre später dem Schweizer Bundespräsidenten ausgehändigt werden sollten. Am 3. Juli 1951 öffnete Bundespräsident Eduard von Steiger die vom Herzog von Bayern überreichte Kassette und übergab deren Inhalt dem Schweizerischen Bundesarchiv zur Aufbewahrung. Die Gedichtbände wurden seither bereits mehrmals für Ausstellungen im Ausland ausgeliehen und zu Forschungszwecken ausgewertet.

 

Dokumente

(1) Zwei Telegramme des Schweizer Botschafters Alfred de Claparède an den Bundespräsidenten Eugène Ruffy zum Attentat, 10. September 1898, (4 Uhr 10 und 6 Uhr 25),
in: E 2001(A) 1000/45, Dossier 118, Ermordung der Kaiserin Elisabeth in Genf durch den italienischen Anarchisten Lucheni Luigi, 1898-1899.

(2) Deckblatt des Personendossiers Luigi Lucheni, erstellt von der Schweizerischen Bundesanwaltschaft, 1898,
in: E 21 1000/131, 9137, Luigi Lucheni, 1898-1910.

(3) Protokoll des Bundeskanzlers Walter Leimgruber zur Kassettenöffnung, Bern 3. Juli 1951,
in: E 3800 1979/171, 01-02, Nachlass Kaiserin Elisabeth von Österreich, 1951-1954, Bd. 1.

(4) Brief der Kaiserin Elisabeth von Österreich an den Präsidenten des Schweizer Bundesrates, incl. Couvert, 1890,
in: J 1.64 1000/1361, 55 Begleitdokumente zur 1951 abgelieferten Kassette, 1890-1951, Bd. 7.

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