Verhaftung und Ausweisung Ayatollah Khomeinis aus dem Iran, 4. November 1964

„In meinem Brief vom 3. November hatte ich Ihnen von den Drohungen berichtet, die der Premierminister in einer Rede vor dem Senat gegen die ‚Saboteure im Innern’ schleuderte. Inzwischen ist die Regierung zu konkreten Massnahmen übergegangen und hat den obersten Geistlichen der Schiiten, Ayatollah Komeini, verbannt.“

2009 jährt sich der 30. Jahrestag der islamischen Revolution im Iran mit der triumphalen Rückkehr von Ayatollah Khomeini aus dem französischen Exil. Der Siegeszug des hohen geistlichen Führers begann 1964 mit einer Ausweisung: Im November erreichte Bern die Nachricht der Schweizer Botschaft in Teheran, wonach der Schah von Persien den berühmten Ayatollah ins Exil verwiesen hatte. Was hatte zu dieser drastischen Massnahme gegenüber dem Theologen geführt, der dann zum politischen Führer der Islamischen Republik Iran werden sollte?

Nach dem Tod des Grossayatollahs Hossein Borujerdi 1961, der sich als Geistlicher nur ungern zu politischen Fragen äusserte, nahmen regimekritische Stimmen aus dem religiösen Lager gegen die Diktatur des Schahs deutlich zu. Darunter diejenige eines schiitischen Gelehrten, der in der heiligen Stadt Qom islamisches Recht und Philosophie unterrichtete: Ruhollah Musavi Khomeini.

In seinen aufrührerischen Reden richtete sich Khomeini gegen die „Weisse Revolution“ des Schahs. Der Ayatollah focht in erster Linie gegen eine Landreform, die auch den iranischen Klerus als Grossgrundbesitzer betraf, und die Einführung des Wahlrechts für Frauen. Anfangs Juni 1963 bilden sich in mehreren Städten Demonstrationszüge. Nach der Verhaftung von regimekritischen religiösen Führern, darunter auch Khomeini, kam es in Qom, Schiraz, Mashad und Teheran zu tätlichen Ausschreitungen, die der Schah gewaltsam niederschlagen liess.

Khomeini wurde im August aus der Haft entlassen und unter Hausarrest gestellt. Als sich der schiitische Geistliche im Oktober 1964 öffentlich gegen die Gewährung diplomatischer Immunität an amerikanische Militärberater im Iran entrüstete, wurde er abermals verhaftet und am 4. November ins türkische Exil gezwungen. Die türkische Regierung wies Khomeini in den Irak aus, wo er sich für mehrere Jahre in der schiitischen Stadt Nadschaf niederliess. 1978 verbannte ihn Saddam Hussein aus dem Land. Nach kurzem Aufenthalt in der Nähe von Paris kehrte Khomeini 1979 in den Iran zurück und proklamierte mithilfe fundamentalistischer Anhänger die Islamische Republik.

Die ausgewählten Dokumente zeichnen die Berichterstattung der Schweizer Botschaft in Teheran an das Eidgenössische Politische Departement in Bern über die Ereignisse von 1964 nach. Die Dokumente sind frei zugänglich und können in den Lesesälen des Schweizerischen Bundesarchivs auch im Original eingesehen werden.

Dokumente

(1) Politischer Bericht der Schweizer Botschaft in Teheran an den Generalsekretär des Eidgenössischen Politischen Departements, 2. April 1963
in: E 2001-05, 1979/137, Az. B.58.1, Questions politiques, Iran, Bd. 42.

(2) Telegramm Nr. 31 der Schweizer Botschaft in Teheran an das Eidgenössische Politische Departement, 6. Juni 1963
in: E 2001-05, 1979/137, Az. B.58.1, Questions politiques, Iran, Bd. 42.

(3) Schreiben der Schweizer Botschaft in Teheran an den Generalsekretär des Eidgenössischen Politischen Departements, 11. Juni 1963
in: E 2300, 1000/716, Az. 172, Teheran, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Bd. 457.

(4) Politischer Brief des Schweizer Botschafters in Teheran an den Generalsekretär des Eidgenössischen Politischen Departements, 3. November 1964
in: E 2300, 1000/716, Az. 172, Teheran, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Bd. 457.

(5) Politischer Brief des Schweizer Botschafters in Teheran an den Generalsekretär des Eidgenössischen Politischen Departements, 10. November 1964
in: E 2300, 1000/716, Az. 172, Teheran, Politische Berichte und Briefe, Militärberichte, Bd. 457.

Weiterführende Informationen

https://www.bar.admin.ch/content/bar/de/home/service-publikationen/publikationen/geschichte-aktuell/verhaftung-und-ausweisung-ayatollah-khomeinis-aus-dem-iran--4--n.html