Am 24. November 2013 stimmen der Kanton Jura und der Berner Jura über die Zukunft ihrer Region ab. An diesem Abstimmungswochenende gelten Sonderregeln. Das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wird bis zu 15 Beobachter in die Region schicken. Diese werden Abstimmungslokale und die Auszählung überprüfen. Nicht zum ersten Mal: Das Modell für diesen in der Schweiz höchst seltenen Vorgang stammt aus den 1970er Jahren.
Der Umgang mit sprachlichen Minderheiten in der Schweiz gilt als vorbildlich - wenn da nur der Jura-Konflikt nicht wäre! Es ist Bern über die Jahre nicht gelungen, den wirtschaftlich, konfessionell und sprachlich peripheren Nord-Jura in den Kanton zu integrieren. 1979 löste sich die französisch sprechende Minderheit vom Kanton Bern: Die nördlichen Bezirke Porrentruy (Pruntrut), Delémont (Delsberg) und Franches-Montagnes (Freiberge) bilden den neuen Kanton Jura; Moutier (Münster), Courtelary und La Neuveville (Neustadt) im Süden aber verbleiben beim Kanton Bern. Diesem Entscheid gingen jahrelange heftige, zum Teil auch gewalttätige Auseinandersetzungen voraus. Der schliesslich eingeleitete demokratische Prozess dauerte von 1970 (Verfassungszusatz) bis 1979 (eidgenössische Abstimmung zur Kantonsgründung).
Aufmerksam beobachtete Abstimmungen
Aus Angst vor Unregelmässigkeiten ersuchte die Berner Regierung 1974 den Bund, „die nötigen Massnahmen zu treffen, um die ordnungsgemässe Durchführung der Volksabstimmungen [in der Region] sicherzustellen". Der Bundesrat beauftragte das EJPD mit dieser Aufgabe. Für die Abstimmung vom 23. Juni 1974 schickte es 60 Beobachter in alle betroffenen Bezirke. Mit 36'802 gegen 34'057 Stimmen spricht sich insgesamt eine Mehrheit für die Unabhängigkeit aus. Der Südjura hingegen will beim Kanton Bern bleiben. Am 16. März 1975 stimmte diese Region noch einmal ab. Hier setzte das EJPD dann je 8 Beobachter ein, 10 waren in Reserve. Die Beobachter erhielten „vertrauliche" detaillierte Instruktionen: So mussten sie sicherstellen, dass die Urnen beim Aufstellen wirklich leer waren und dass auch nur die tatsächlich eingeworfenen Zettel ausgezählt wurden. Das Resultat war eindeutig: 70 Prozent wollten bei Bern bleiben.
Bevölkerungswanderung zwischen Nord und Süd
Während die eidgenössischen Beobachter von allen Seiten begrüsst wurden, stiess eine andere Massnahme des Bundesrates auf erheblichen Widerstand. Nach der ersten Abstimmung prüfte der Kanton Bern die Stimmregister in den drei jurassischen Bezirken. Und dies gegen „grosse Bedenken" von Gemeinden insbesondere im Bezirk Moutier: sie machten die „Niederlassungsfreiheit" und „Gemeindeautonomie" geltend.
Aktivisten hatten versucht, mit kurzfristigen Umzügen das Ergebnis in Gemeinden im besonders umstrittenen Bezirk Moutier für sich zu entscheiden. Der in Delémont wohnhafte und in der Jura-Frage prominent involvierte Nationalrat Pierre Gassmann [Interpellation Gassmann] berichtete Bundesrat Kurt Furgler - sozusagen aus erster Hand -, dass es „missbräuchliche Domizilverschiebungen" gegeben habe, für Moutier sei „135 Neuzuzügern die Stimmbürger-Eigenschaft abgesprochen" worden. Diese Personen durften an der Abstimmung vom 16. März 1975 deshalb nicht mehr teilnehmen. 15 Stimmbürger und -bürgerinnen wehrten sich gegen diesen Entscheid des Berner Regierungsrates, zum Teil bis vor Bundesgericht.
Lösung der Jura-Frage?
Am 24. November 2013 stimmen nun der Kanton Jura und der Berner Jura erneut über die Zukunft ihrer Region ab. An diesem Abstimmungswochenende gelten wiederum spezielle Regeln. Das EJPD wird auf Wunsch der Kantone Bern und Jura bis zu 15 offizielle Abstimmungsbeobachter und -beobachterinnen entsenden. Diese werden die Abstimmung und die Auszählung aufmerksam verfolgen. Damit soll sichergestellt werden, dass in der Frage der Wiedervereinigung des Juras alles mit rechten Dingen zugehen wird.
Zuletzt aktualisiert am: 15.11.2013
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