„Rettung“ der Schweizerischen Volksbank 1933/37

«…il n’est pas possible de laisser tomber un établissement qui gère un capital d’un milliard et quart de francs et dont la liquidation aurait des répercussions graves sur la situation des autres banques, sur le crédit du pays et finalement sur notre monnaie.»

Mit diesen Worten begründete Bundesrat Albert Meyer am 18. Oktober 1933 eine bisher beispiellose Rettungsaktion des Bundes zu Gunsten einer schweizerischen Geschäftsbank. Was war geschehen? Bereits zu Beginn der 1920er Jahren hatte die 1869 als Genossenschaft gegründete Schweizerische Volksbank (SVB) Verluste einstecken müssen. Mit der Ausweitung des Auslandgeschäfts gelang es der Bank zunächst, die Verluste zu kompensieren. Umso härter trafen sie aber die internationale Wirtschaftskrise, der Zusammenbruch des Währungssystems und die Einführung des gebundenen Zahlungsverkehrs. 1933 schätzte die Bankleitung den Abschreibungsbedarf auf insgesamt 119 Millionen Franken. Hinzu kam eine Vertrauenskrise, die seit 1931 zu einem massiven Abfluss von Kundengeldern geführt hatte.

Im Herbst 1933 ging die SVB Bundesrat und Nationalbank um Hilfe an. Seitens der Behörden bestand Konsens, dass der SVB unter die Arme gegriffen werden sollte. Ein Konkurs der «Mittelstandsbank» würde, so das Argument, vor allem Kleinanleger schädigen und viele Gewerbetreibende in Liquiditätsprobleme stürzen. Der Sanierungsplan, den das Parlament im Dezember 1933 mit parteiübergreifender Mehrheit billigte, sah vor, dass sich der Bund mit einem Stammkapital von 100 Millionen Franken an der SBV beteiligte und dafür eine angemessene Vertretung im Verwaltungsrat erhielt. Zudem sollten 50 Prozent des bisherigen Genossenschaftskapitals abgeschrieben werden.

Die Schwierigkeiten der SVB waren damit keineswegs zu Ende. 1936/37 sah sich die Bank gezwungen, eine zweite Bilanzbereinigung durchzuführen. Dabei wurden kritische Bilanzpositionen im Umfang von 120 Millionen in eine externe Finanzgesellschaft ausgelagert. Der Bund verlor dadurch – wie die übrigen Genossenschafter – die Hälfte seiner Einlage, also 50 Millionen Franken. Er blieb jedoch bis Ende der 1940er Jahre Miteigentümer der SBV. (Dezember 2008)

Im Folgenden präsentiert das BAR ausgewählte Dokumente zu den Ereignissen. Diese Quellen sind frei zugänglich und können in den Lesesälen des BAR auch im Original eingesehen werden.

(1) Sanierung und Reorganisation der Schweizerischen Volksbank. Berichterstattung der Generaldirektion vom 17. Oktober 1933
in: E 6100 (A) 1000/1913, Az. F.24.4.Schweizerische Volksbank, 1933–1938, Band 5.

(2) Protokoll der Sitzung des Schweizerischen Bundesrats vom 18. Oktober 1933
in: E 1004.1 1000/9, Band 342.

(3) Protokoll der Sitzung des Schweizerischen Bundesrats vom 17. November 1933
in: E 6100 (A) 1000/1913, Az. F.24.4.Schweizerische Volksbank, 1933–1938, Band 5.

(4) Protokoll der Sitzung des Schweizerischen Bundesrats vom 18. November 1933
in: E 6100 (A) 1000/1913, Az. F.24.4.Schweizerische Volksbank, 1933–1938, Band 5.

(5) Bundesbeschluss über die Beteiligung des Bundes am Genossenschaftskapital der Schweizerischen Volksband vom 8. Dezember 1933
in: Eidgenössische Gesetzsammlung 49 (1933), S. 975–977.

(6) Protokoll der Sitzung des Schweizerischen Bundesrats vom 29. Januar 1937
in: E 6100 (A) 1000/1913, Az. F.24.4.Schweizerische Volksbank, 1933–1938, Band 5.

(7) Protokoll der Sitzung des Schweizerischen Bundesrats vom 13. Februar 1948
in: E 6100 (A) 1000/1913, Az. F.24.4.Schweizerische Volksbank, 1948, Band 6.

Eine ausführliche Darstellung und Analyse der Ereignisse, die sich unter anderem auf Unterlagen aus dem Bundesarchiv stützt, gibt: Jan Baumann, Bankeninterventionen in der Bankenkrise 1931–1937. Eine vergleichende Studie am Beispiel der Schweizerischen Volksbank und der Schweizerischen Diskontbank, Dissertation an der Universität Zürich, Zürich 2007. Online abrufbar unter nebenstehendem Link.

Weiterführende Informationen

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