Vollzug ohne Verzug

Während des Zweiten Weltkriegs verurteilt die Schweizer Militärjustiz über 400 Personen wegen Verletzung militärischer Geheimnisse oder militärischem Landesverrat. Insgesamt werden 33 Todesurteile gefällt, 17 davon vollstreckt.

Mitten im Zweiten Weltkrieg schafft die Schweiz die Todesstrafe ab. Mit dem 1942 in Kraft tretenden Strafgesetzbuch wird sie aus dem zivilen Strafrecht gestrichen. Die letzte Hinrichtung fand 1940 in der Strafanstalt Sarnen statt, wo man einen dreifachen Mörder guillotinierte. Während des Kriegs werden dennoch 17 Menschen exekutiert - allesamt Angehörige der Schweizer Armee, die von den Militärgerichten wegen Landesverrats verurteilt werden. Voraussetzung dafür ist die vom Bundesrat am 9. Juli 1940 erlassene «Verordnung über den Vollzug der Todesstrafe», die auf dem Militärstrafgesetz beruht.

In zehn Artikeln regelt die Verordnung, wie der Verurteilte «vom Leben zu Tode gebracht» wird. Nachdem der Richter das Urteil gefällt habe, solle der Vollzug der Strafe, der durch Erschiessen zu erfolgen habe, ohne Verzug geschehen. Anwesend hätten - neben dem Verurteilten - der Ordnungsdienst, ein Vertreter des Vollzugskantons, eine Truppe von zwanzig Mann mit Gewehr, der Richter, der Auditor und der Schreiber des Gerichts, der Verteidiger, ein Feldprediger sowie zwei Sanitätsoffiziere zu sein (deren Aufgabe die Feststellung des Todes war). Der Verurteilte stand also etwa fünfzig Männern gegenüber, von denen ihm keiner zu Hilfe kam und knapp die Hälfte auf ihn zielte. Kann man sich verlassener fühlen als in dieser Lage?

Die meisten Exekutionen wurden an Soldaten vollzogen, deren Vergehen den Tatbestand des Landesverrats kaum erfüllten. 1992 strich das Militärstrafrecht die Todesstrafe. 2002 bekannte sich die Schweiz im Rahmen der Europäischen Menschenrechtskonvention zur «Abschaffung der Todesstrafe unter allen Umständen».

 (Autor: U. Hafner)

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