Bundesgesetz über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz, 23. Dezember 1959

„Unser Rückstand auf diesem Gebiet im Vergleich zu den führenden Atommächten soll so rasch wie möglich wettgemacht werden. Namhafte Bundesmittel sind zu diesem Zweck eingesetzt worden und weitere werden sich als notwendig erweisen. Es erscheint daher wünschbar, dass die Grundsätze für die staatliche Unterstützung auf diesem Gebiet auch in einem Gesetz festgelegt werden.“

Mit diesen Worten betont der schweizerische Bundesrat in seiner Botschaft vom 8. Dezember 1958 zum Atomgesetz (AtG) die Dringlichkeit, die Atomkernenergie auf Bundesebene zu regeln.

Breite Unterstützung fand die im AtG vorgesehene Forschungs- und Ausbildungsförderung im Nuklearbereich. Das Problem der radioaktiven Abfälle beurteilte der Bundesrat als nicht dringlich, es blieb in diesem Regelwerk unerwähnt. Zu Diskussionen Anlass gaben in erster Linie die Ausführungen zum Bewilligungsverfahren und zur Beschränkung der Betreiberhaftpflicht als indirektes Förderinstrument der Atomkernenergie:

Der Bund erhielt, vor allem auf Betreiben der Wirtschafts- und Energiewirtschaftsverbände nur ein polizeiliches Aufsichtsrecht. Um „die wirtschaftliche Entwicklung der Atomenergie der Privatinitiative zu überlassen“ – so der Bundesrat –, sollte eine Bewilligung für eine Atomanlage erteilt werden müssen, sofern die gesetzlichen Bestimmungen eingehalten werden. Von einer Verstaatlichung der Atomkernenergie oder einem Konzessionssystem wurde aus wirtschaftspolitischen Gründen abgesehen.

Entgegen den Empfehlungen einer Reihe von Rechtsexperten wurde die Haftpflicht der Betreiber von Atomkernenergieanlagen bei Grossschäden auf 40 Millionen Franken begrenzt. Damit musste für Schäden, laut des „Verbandes schweizerischer Elektrizitätswerke“, „die Öffentlichkeit (Katastrophenfonds, Staat)“ aufkommen.

Opposition gegen das Atomgesetz, das in erster Linie auf die Förderung dieser Technologie ausgerichtet war, regte sich kaum. Die Forderung einiger Verbände, Alternativenergien wie die Sonnenenergie im gleichen Masse zu fördern, blieb für lange Zeit ungehört.

Nachdem die Referendumsfrist für das Bundesgesetz über die friedliche Verwendung der Atomenergie vom 23. Dezember 1959 ungenutzt abgelaufen war, trat das Gesetz am 1. Juni 1960 in Kraft.

Die ausgewählten Dokumente aus dem Vernehmlassungsverfahren und der Kommissionsarbeit geben einen Einblick in den schweizerischen Gesetzgebungsprozess. Die Dokumente sind frei zugänglich und können in den Lesesälen des Schweizerischen Bundesarchivs eingesehen werden. Die Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung „betreffend den Entwurf zu einem Bundesgesetz über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz“ vom 8. Dezember 1958 (BBl II 1958 1521–1580) ist auf der Website des Schweizerischen Bundesarchivs (Amtsdruckschriften) einsehbar.

Dokumente

(1) Begleitschreiben des Eidgenössischen Politischen Departements zum Entwurf zu einem Bundes-gesetz über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz an die schweizeri-schen Spitzenverbände
in: E 8190 (B)-01, 1990/199, Az. 210.10, Atomgesetz, Bundesrat, Botschaft und diverse Entwürfe für ein Atomgesetz, Bd. 30.

(2) Stellungnahme des Verbands schweizerischer Elektrizitätswerke zum Gesetzesentwurf über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz, 30. September 1957
in: E 8190 (B)-01, 1990/199, Az. 210.10, Atomgesetz, Bundesrat, Botschaft und diverse Entwürfe für ein Atomgesetz, Bd. 30.

(3) Stellungnahme des Schweizer Zweigs der Internationalen Frauenliga für Frieden und Freiheit zum Gesetzesentwurf über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz, 15. No-vember 1957
in: E 8190 (B)-01, 1990/199, Az. 210.10, Atomgesetz, Bundesrat, Botschaft und diverse Entwürfe für ein Atomgesetz, Bd. 30.

(4) Synopsis der Vernehmlassung der Kantonsregierungen und der Spitzenverbände zum Gesetzes-entwurf über die friedliche Verwendung der Atomenergie und den Strahlenschutz, 18. November 1957
in: E 8190 (B)-01, 1990/199, Az. 210.10, Atomgesetz, Bundesrat, Botschaft und diverse Entwürfe für ein Atomgesetz, Bd. 30.

(5) Resolution und Protest des Zürcher Vereins gegen die Vivisektion und für allgemeinen Tierschutz betreffend Bau und Betrieb von Atomreaktoren, 22. März 1959
in: E 8190 (B)-01, 1990/199, Az. 210.10, Atomgesetz, Bundesrat, Botschaft und diverse Entwürfe für ein Atomgesetz, Bd. 30.

(6) Le Conseil Fédéral Suisse à la Commission du Conseil national chargée d'examiner le projet de loi sur les questions atomiques, 26. Juni 1959
in: E 8190 (B)-01, 1990/199, Az. 210.10, Atomgesetz, Bundesrat, Botschaft und diverse Entwürfe für ein Atomgesetz, Bd. 30.

Weiterführende Informationen

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